K&K 76 – Lovely Spot on Earth – Perth!

oder: Perth – eine Stadt zum Dahinschmelzen

Vom Norden her über den Indian Ocean Drive nähern wir uns Westaustraliens einziger Metropole an.

Perth City
Perth City

Dieser Bundesstaat bedeckt flächenmäßig knapp ein Drittel von Australiens Kontinent bei nur 2,4 Millionen Einwohnern. Hiervon leben in Perth und seinem Großraum rund1,9 Millionen. Da bleibt viel Platz für die restlichen 500.000 Westaustralier, sich auf der übrigen Fläche anzusiedeln. Der schon früher benutzte Begriff der „durchlöcherten Einsamkeit“ trifft haargenau des Pudels Kern.

Historisch und Modern
Historisch und Modern

Wie geographisch isoliert Perth als Landeshauptstadt liegt, zeigt sich daran, dass keine der anderen australischen Metropolen in weniger als 2.500km Entfernung erreicht werden kann, weder Adelaide (SA) noch Melbourne (VIC), ganz zu schweigen von Darwin (NT), Brisbane (QLD) oder gar Sydney (NSW). Singapur liegt näher an Perth als die landeseigenen Städte.

Wir verleihen dieser Metropole den Beinamen „Perth – eine Stadt zum Dahinschmelzen“. Dabei denken wir nicht an die heißen sommerlichen Temperaturen. Jetzt im letzten Wintermonat August bleibt die Wärme in angenehmen Bereichen. Manchmal wünschten wir uns sogar einen Sonnenstrahl und ein paar Grade mehr.

Zum Dahinschmelzen verleitet allerdings die 22km lange Sunset Tourist Route. Sie beginnt im nördlichen Hillarys Boat Harbour und führt bis in die Innenstadt von Perth. Kein hässliches Hochhaus versperrt den Blick aufs Meer oder den Strandzugang. 22km sichtfreie Promenade für Autos, Fahrräder und Fußgänger. Da mag sich dann jeder die Sonnenuntergänge selbst ausmalen.

The Big Bell
The Big Bell

Für uns Freedom Camper hat dieser Streckenabschnitt zusätzlich etwas Paradiesisches. Auf den großräumigen Parkplätzen nördlich von Hillarys Harbour finden wir keine Verbotsschilder bezüglich „Overnight Camping“. Je dichter wir uns allerdings der Stadt nähern, bleibt free camping untersagt. Hier etwas außerhalb jedoch werden wir obendrein noch beschenkt mit malerisch begrünten Picknickarealen und Trinkwasserzapfsäulen. Solche Örtlichkeiten bieten sich für uns als ideale Ausgangspunkte für die Stadtbesichtigung an.

Die nächste Bushaltestelle finden wir nicht weit entfernt, direkt am Hillary Boat Harbour. Schnell merken wir, dass Perth viel für seine Einwohner und Besucher tut. Die Bus- und Bahnpreise bleiben sehr moderat. Ist man erst einmal in der Innenstadt (CBD) angekommen, fährt man völlig für umsonst. Auf vier verschiedenen Linien (blau, gelb, grün, rot) der CAT-Busse (Central Area Transit) braucht kein Fahrgeld entrichtet zu werden. Mit ihnen gelangen wir zu allen wichtigen Einrichtungen und Sehenswürdigkeiten im Innenstadtbereich.

Geschlossene Verbindungen beim Big Bell
Geschlossene Verbindungen beim Big Bell

Warm ums Herz wurde uns bei folgender Begegnung. Die innerstädtische Touristeninformation fahren wir zum allerersten Mal noch mit unserem Wohnmobil an. Wir wollen nicht über Parkplatznöte reden. Einer bleibt im Auto, so wird das Parkverbot ausgehebelt. Wir hebeln direkt vor einer City-Weinhandlung. Der Motor ist knapp ausgestellt, kommt ein Mann italienischen Aussehens auf uns zu und überreicht uns eine Flasche australischen Rotweins. „For my German friends – Welcome to Western Australia!“ meint er kurz und knapp und verschwindet so schnell wie er aufgetaucht ist. Wir können uns noch nicht einmal richtig bedanken oder erfragen, wer der edle Spender sei. Woher er weiß, dass wir aus Deutschland kommen? Ist nicht schwer zu erraten, wenn man mit einem deutschen Wohnmobil auf australischen Straßen aufkreuzt. Damit fallen wir hier auf wie ein bunter Hund.

St. Mary's Cathedral
St. Mary’s Cathedral

Wirklich einschmelzen wollte man sie seinerzeit nicht, die Glocken der Londoner Kirche St Martin- in- the- Fields. Rund 600 Jahre lang hatten sie historische Ereignisse wohlklingend untermalt, wie den Sieg über die spanische Armada 1558, Captain Cooks Heimkehr 1771 oder Englands Siege während des WW II, um nur einige Beispiele zu nennen. Es half alles nichts. Mitte der 1980ger Jahre musste das Geläut generalüberholt werden. Außerdem faulte das Glockengebälk der Kirche vor sich hin. Konsequenterweise erwog man dann schweren Herzens doch, die Glocken einzuschmelzen. Perth ergriff die Gelegenheit beim Schopf und meldete sich als Interessent für die maroden Glocken. Der Deal gelang. Am Elizabeth Quay erbaute man einen extra sechsstöckigen Glasturm für das Glockenspiel. Mittlerweile hat sich diese Sehenswürdigkeit unter dem Namen „The Big Bell“ (www.thebelltower.com.au) zu einem großen Anziehungspunkt für Einheimische und Besucher gemausert. Geworben wird mit dem Begriff des „größten Musikinstruments der Welt“, denn es geht ja nicht nur um eine einzige Glocke sondern um ein umfangreiches Glockenspiel mit 16 Instrumenten. Auf einer geführten Tour durch den Glasglockenturm können wir auch eine Urkunde zum „zertifizierten Glöckner“ erwerben. Das Management verkündet sicherlich nicht ohne einen Hauch von Schadenfreude: „They have Big Ben. We have Big Bells“.

St. Mary's Cathedral
St. Mary’s Cathedral

Glockenklang ruft uns zu einem weiteren Turm, zu dem von St. Mary’s Cathedral. Die heutige, moderne Innenstadtkirche, gleichzeitig auch Westaustraliens größtes Gotteshaus, wurde auf den Grundmauern der 1865 ursprünglich errichteten Kathedrale gebaut. Besser gesagt, der moderne Kirchenraum wurde an die originäre Frontmauer mit Eingangstor angesetzt. Der helle und sonnendurchflutete Innenraum bildet einen malerischen Kontrast zum schummerigen Altarraum. Die ehemaligen Kirchenfenster sind ebenso integriert worden wie die ursprüngliche Kanzel. Somit ist aus unserer Sicht eine wohl gestaltete Verknüpfung von historisch und modern gelungen.

Im AQWA-Tunnel
Im AQWA-Tunnel

Von der Höhe in die Tiefe, nicht in die einer Höhle, sondern in die unterirdischen Gänge eines Aquariums. Westaustraliens größte Unterwasserwelt, das AQWA (www.aqwa.com.au) lädt ein zu einer Unterwasserreise durch Korallenriffe, die Fischwelt des Southern Ocean an der Südküste, entlang der Perth direkt vorgelagerten Küstenlinie, aber auch durch die tropische Meereswelt des hohen Nordens. Neben zahllosen korallenbunten Aquarien ziehen die Haifischbecken doch stets den Hauptbesucherstrom an. Auf einem Laufband gleiten wir ganz langsam durch den langen, gläsernen Haifischtunnel. Riesenschildkröten und gigantische Rochen bevölkern gleichfalls dieses immense Wasserbecken. Finden kann man das sehr sehenswerte Aquarium in Hillarys Boat Harbour, 20km nördlich von Perth City (gut und schnell zu erreichen mit Bahn und Bus).

Wem die Loops der kostenfreien CAT-Busse zu gering erscheinen, dem empfehlen wir den „Perth Explorer“ (www.perthexplorer.com.au). Dieser rote Doppeldeckerbus bringt uns in seiner zwei Stunden dauernden Rundtour auch an weiter entfernt liegende Sehenswürdigkeiten. Das bewährte Hop-on-Hop-off-Verfahren mit seinen 11 Stationen kann je nach Ticket 24Stunden oder 48Stunden lang genossen werden. Mit dem Bus hat man sich Perth dann aber wirklich erschlossen, auch die Gebiete jenseits des Swan Rivers und den weltberühmten Kings Park.

Perth Explorer
Perth Explorer

Mit diesem Vehikel erreichen wir schließlich auch einen vorerst letzten Besichtigungspunkt in der „Stadt zum Danhinschmelzen“. Denn in dieser Einrichtung wird in der Tat real geschmolzen. Wir besuchen die Perth Mint/Münze (www.perthmint.com.au). Nur mit den stündlich geführten Touren darf die „Welt des Goldes“ betreten werden. Zu bestaunen gibt es echte Gold Nuggets, inklusive des 25,5kg schweren Newmont Normandy Nugget. Die größte Münze der Welt wird gleichfalls ausgestellt. Sie besteht aus einer Tonne puren Goldes mit dem Konterfei von Queen Elizabeth II auf der Vorderseite. Die Rückseite schmückt Australiens Nationalsymbol, das Känguru. Sie gilt als unverkäuflich, weist aber einen Preis von 50Mill AUD / 33Mill€ aus.

The Mint
The Mint

Wer wissen möchte, wie sehr er wertgeschätzt wird, stelle sich auf die Goldwaage. Sein Körpergewicht wird in den aktuellen Goldtagespreis umgerechnet. Von dieser Waage kann man nur stolz wieder herunter steigen, wenn man erfährt, dass man immerhin 4.758.401,02AUD / ca. 3,2Mill.€ wert ist. Und dabei sind die inneren Werte noch nicht einmal mit einkalkuliert. Am Ende des Rundgangs geht es in die wahrhaftige Schmelze. Vor unseren Augen wird Gold eingeschmolzen, anschließend zu einem Goldbarren geformt und abgekühlt. Mit 50.000 AUD ist man dabei. Gezahlt werden darf nicht in bar.

Geschildert haben wir hier erste Eindrücke einer wundervollen Stadt. Wir kehren später noch einmal nach Perth zurück für einen weiteren Impressionsschub. Unser nächster Routenabschnitt führt uns nunmehr jedoch in die Region des östlichen Wheatbelts/Getreidegürtels mit seinen großen und kleinen Attraktionen.

K&K 75 – Go Rotto and Freo

Außenstehenden sagen diese zwei Kosenamen sicherlich erst einmal nicht allzu viel. Doch die Einwohner von Westaustraliens Hauptstadt Perth geraten ins Schwärmen bei diesen beiden Begriffen.

Rottnest Island
Rottnest Island

Go Rotto and Grab a Bike – lautet ein geflügeltes Wort. Das bedeutet, dass man nach Rottnest Island übersetzt und die autofreie Insel auf einem der Tausenden der dort umherfahrenden Fahrräder erkundet.

Wir probieren es aus. Per Katamaran lassen wir uns übersetzten  von einem nördlichen Vorort von Perth aus, von Hillarys Boat Harbour. Knapp 45 Minuten dauert die Überfahrt mit einem Schiff von Rottnest Fast Ferries (www.rottnestfastferries.com.au ), eine Fährgesellschaft, über die auch gleichzeitig der entsprechende Drahtesel mitgebucht werden kann. Das Ganze läuft absolut komplikationslos und preisgünstig ab. Außerdem gibt es auch noch Abfahrten von Perth selbst bzw. vom südlicheren Fremantle. Doch der große Vorteil von Hillarys Harbour ist der großzügige und vor allen Dingen kostenfreie Parkraum. Das finden wir in Perth nicht.

Inselblick auf Perth
Inselblick auf Perth

Und dann stehen wir auf der Ferieninsel mit ihren 14km Länge und nur 4,5km Breite. Hügelig und voller Dünen kommt sie einher. Jetzt im Winter (August) hält sich der Fahrradverkehr glücklicherweise in Grenzen. Doch wer einmal in den inseleigenen Fahrradverleih blickt, kann sich das sommerliche Pedalogedränge gut vorstellen, wenn auch  nur die Hälfte aller dieser Zweiräder vermietet sein sollte.

Die relative Leere seiner Insel freut besonders unseren Busfahrer Edvard, der uns nach unserer fahrradlichen Kostprobe in seinem Kleinbus um die Insel schaukelt und uns die Hauptattraktionen zeigt. Diese Inseltour kann bei Adams Coachlines gebucht werden (http://www.ADAMSpinnacletours.com.au). Dreieinhalb Stunden dauert sie, erstaunlich lange für solch ein kleines Eiland. Aber die Tourlänge zeigt, wie attraktiv die Insel ist.

Rottnest Island Seenplatte
Rottnest Island Seenplatte

Gestartet wird in der Hauptsiedlung Thomson Bay. Zwanzig solcher Bays sind um die Insel herum zu finden, eine schöner als die andere. Und als ob das noch nicht genügen würde, an diesen Bays kann sich der Besucher an 63 Beaches tummeln. Die 100 Einwohner bleiben niemals unter sich, denn im mediterranen Klima herrscht immer Touristensaison.

Wie an einem Zirkel umkreisen wir auf unserer Rundfahrt den Inselleuchtturm, das Wadjemup Lighthouse. Er trägt den urspünglichen Aboriginal Namen, der so viel bedeutet wie „land across the water“. Seine Aussichtplattform kann bestiegen werden für einen Inselüberblick. Der amtierende Leuchtturmwärter öffnet hierfür gern die Turmtüren.

Seelöwen Spa
Seelöwen Spa

Natürlich tragen die vorgelagerten Felsformationen malerische Namen wie Cathedral Rocks oder Green Island. Umspült wird die Insel durchgängig mit kristallklarem Wasser, so dass diverse Korallenriffe vom Ufer aus erspäht werden können. Für Taucher und Schnorchler sind sie ein Paradies, für die auf der Insel beheimatete Raubvogelwelt ein Futtertopf. Besonders die Seeadler sind hier zu nennen. Neun Paare haben an den Ufern ihre Nester gebaut. Viele andere Vogelarten wie Pelikane oder Kormorane ergänzen das ornithologische Bild.

Im Norden der Insel hingegen tummeln sich mehrere Seelöwenkolonien. In der warmen Wintersonne auf dem Rücken schwimmend, die Flossen meisten gen Himmel gestreckt, fühlen sie sie offensichtlich wo wohl wie in einem Spa. Das Klicken der Fotoapparate und Ausrufe des Entzückens der Zuschauer lassen sie kalt.

Als tierische Hauptattraktion hoppeln und hüpfen allerdings die Quokkas durch das Dünengras. Rund 12.000 soll es auf der Insel – und nur dort – geben. Nachdem sie nunmehr keine natürlichen Feinde mehr haben, der letzte Inselfuchs hat vor einigen Jahren das Zeitliche gesegnet, vermehren sie sich rasant. So schreitet eine Entwicklung fort von „bedrohter Art“ hin zur „Plage“, denn gefräßig sind, die Minikängurus.

Quokka
Quokka

Von ihnen stammt auch der Inselname, wenn auch in fälschlicher Assoziation. Als sie von den europäischen Entdeckern zum ersten Mal gesichtet wurden, glaubten jene an riesengroße Ratten. Denn sie sind in der Tat nicht viel größer. Besonders aus der Ferne erblickt, kann es da leicht zu Ähnlichkeiten kommen. Demnach hieß die Insel früher denn auch wenig touristenfreundlich „rat’s nest“. Nun, das hat sich gewandelt. Die „Ratten“ wurden bei späterer, näherer Betrachtung als jene Kängurus identifiziert.

So klein die Insel auch sein mag, wir finden immerhin zwölf malerische Seen auf ihr. Sie entstammen aus einer Periode, als der Meeresspiegel nach der letzten Eiszeit um mehrere Meter absank. Außer Regen werden diese Seen durch kein weiteres Süßwasser gespeist, so dass sie heute den sechsfachen Salzgehalt des Indischen Ozeans haben sollen.

Auf dem höchsten Hügel der Insel, dem Oliver Hill gibt es eine historische Sehenswürdigkeit zu erkunden, die Oliver Hill Guns. Diese Bunkeranlage mit seinen riesigen Kanonen diente in WW II als Schutz- und Verteidigungswall von Perth und dem kriegswichtigen Hafen von Fremantle. Denn natürlich hatten die Japaner im Pazifikkrieg auch ein Auge auf diese strategisch wichtige Region geworfen. Heute erlaubt die sogenannte „Tunnel Tour“ einen schaurigen Einblick in die seinerzeitige viel schaurigere Realität.

Inselbahn
Inselbahn

Als wir aus der Bunkeranlage wieder ans Tageslicht gelangt sind, hat sich unser Tour Bus bereits auf und davon gemacht. Dafür kommt die Inseleisenbahn den 60m hohen Dünenberg hinauf geschnauft. In einer rasanten Schussfahrt bei durchschnittlichen 10km/h rumpelt der Triebwagen wieder der Hauptsiedlung Thomson Bay entgegen.

Am späten Nachmittag schweben wir mit dem komfortablen Katamaran die 19km zurück aufs Festland. Kurz vor Sonnenuntergang endet dieser fantastische und sehr empfehlenswerte Ausflugstag.

Swan River Cruise
Swan River Cruise

Go Freo and Take the Tram – steht für eine zweite, sehr beliebte Aktivität in Perth. Wir fahren in die 20km südlich gelegene Hafenstadt Fremantle (Freo). Zur Genusssteigerung nehmen wir weder unser eigenes Wohnmobil noch Bus oder Bahn, sondern steigen in Perth am Elizabeth Quay auf die Fähre. Auf dem idyllischen Swan River bringt uns die Captain Cook Cruise (www.captaincookcruises.com.au) in knapp 90 Minuten bis in Westaustraliens größten Ozeanhafen. Bei dem sonnigen, fast schon frühlingshaften Wetter ist es eine reine Freude  auf dem Vorder- oder Achterschiff das mit Villen bestückte Flussufer inklusive diverser Steilküstenufer vorbeigleiten zu sehen und dabei den von der Reederei spendierten Kaffee oder Tee zu genießen. Bevor wir in Fremantle direkt neben dem Kreuzfahrertermin anlegen, gibt es noch eine Rundfahrt durch den Containerschiffhafen. Sie wirken schon gigantisch, diese Ozeanriesen mit ihren 5.600 Containern Beladung.

Fremantle Port City
Fremantle Port City

Schließlich klettern wir wieder Land, wo bereits eine historische Tram auf uns wartet. Eigentlich ist es ja ein per Gas betriebener Bus mit Straßenbahnaufbau. Doch die Innenausstattung soll der des beginnenden 20. Jahrhunderts, also zu Zeiten des gold rush entsprechen, erklärt uns unser Fahrer und Fremdenführer. Diese Bahn darf im Hop-on-Hop-off-System benutzt werden, das bedeutet ein Ticket für den ganzen Tag mit mehreren Aus-und Zusteigemöglichkeiten. Hiervon machen wir ausführlich Gebrauch.

Fremantle
Fremantle

Den besten Rundumausblick über Stadt, Hafen und Indischem Ozean erhalten wir auf dem Hügel des ANZAC Memorials. Im Fishing Boat Harbour soll es den besten „Fish&Chips“ geben. Die innerstädtischen Arkadengeschäfte und Innenhöfe haben teilweise Puppenstubencharakter. Auf dem legendären Cappuccino Strip summt und brummt es an Publikum. Die gesamte Innenstadt samt Fußgängerzonen zentriert sich um den King’s Park mit seiner wunderschönen St. Patrick’s Kirche.

Fremantle City
Fremantle City

Mit den Fremantle Tram Tours (www.frematletrams.com) werden diese und viele weitere sehenswerte Orte in der Stadt angefahren. Die fünf zur Stadtbesichtigung zur Verfügung stehenden Stunden vergehen wie im Flug. Gegen 16Uhr geht es mit den Captain Cook Cruises bei Kaffee, Tee und Weinprobe wieder zurück nach Perth City. Auch diese Tour können wir  Perth-Besuchern guten Gewissens weiterempfehlen.

Ausklang zweier bresonderer Tage
Ausklang zweier bresonderer Tage

Sodann werden wir uns im Folgenden der eigentlichen Stadt Perth widmen.

 

K&K 74 – Mondlandschaft trifft auf Ozean

Unaufhaltsam verfolgen wir unseren Südkurs. 20km südlich von Dongara gabelt sich die Straße in den Inland Brand Highway für den schnelleren Trip nach Perth und den Indian Ocean Drive für den Panoramablick auf den nächsten 200km.

Indian Ocean Drive
Indian Ocean Drive

Sicherlich, diese Tourist Route kann es nicht aufnehmen mit der Great Ocean Route an  Australiens Südküste. Doch es lohnt schon, ihn zu befahren. Leider schlängelt er sich nicht immer direkt an der Küste entlang. Hohes Buschwerk und vielfältige Dünenlandschaft versperren oft den Blick aufs Wasser. Als Ausgleich gibt es aber immer wieder Abzweigungen in die kleinen Meeresorte mit ihren Bilderbuch-Stränden. Diese Aussage gilt mit Ausnahme der beiden nördlichsten Siedlungen Illawong und Coolimba. Hier treffen wir nur auf halb verfallene Wellblechhütten. Am besten nicht hingucken und weiterfahren.

Indian Ocean Drive
Indian Ocean Drive

Danach allerdings kommen wir in schmucke kleine Ortschaften wie Leeman, Green Head oder auch Jurien Bay. Zu viel sollte man zwar nicht erwarten, doch sie bieten immerhin eine ausreichende Infrastruktur.

Lobster 8kg schwer
Lobster 8kg schwer

Ein erster längerer Stopp bietet sich in Cervantes an, einem malerischen Fischerdorf. Freunde edlen Genusses sei ein Besuch im Lobster Shack empfohlen (www.lobstershack.com.au). Vor den Genuss kommt die Besichtigung. Während der Factory Tour und in einem Film erfahren wir viel Wissenswertes über Fang, Haltung, Lebendversand und weltweite Vermarktung des Hummers, ebenso aber auch über Umwelt- und Artenschutz für die Delikatesse. Gefangene Lobster unter 7,7cm Länge verbleiben im Meer. Der größte Lobster, den wir sehen, wiegt immerhin 8kg. Im Lobster Shack muss es nicht bei einer Land-Erfahrung bleiben. Das Unternehmen bietet obendrein Touren zum Lobsterfang an. Und dann geht es anschließend zum Lobster Lunch, fangfrisch aus dem Meer auf den Teller.

Cervantes bietet mehr als Lobster. Das Dorf gilt als Einfallstor zum Namburg National Park, womit wir bei der Mondlandschaft direkt am Ozean wären. Die weltberühmte Pinnacles Wüste, sicherlich als Hauptattraktion des Indian Ocean Drives anzusehen, erstreckt sich nur 17km südlich des Ortes. Geheimnisvoll ragen tausende von Sandsteinsäulen aus dem dünenartigen Wüstensand hervor. Diese Wüste kommt umso unerwarteter, ist doch die Umgebung weiträumig nichts anderes als mit Heidegestrüpp bewachsen. 8m bis 10m ragen die höchsten Steindenkmäler in den Himmel.

Die Nationalparkverwaltung bietet zwei Möglichkeiten der Wüstenerkundung an. Man kann das Naturwunder auf einem rund zwei Kilometer langen Rundweg erwandern. Bei großer Hitze ab 35°C bleibt dieser Wanderweg mangels Schattenmöglichkeiten gesperrt. Mehrere Aussichtspunkte erlauben immer wieder einen Überblick über das gar nicht so ausgedehnte Wüstenareal. Die begrenzende Heidelandschaft lugt an allen Ecken und Enden hervor.

Auf der gut vier Kilometer langen Rundfahrt mit dem eigenen Fahrzeug dringt man tiefer in die Wunderwelt der Pinnacles Desert ein. Doch dürfen die Fahrzeuge nicht länger als 6.50m und nicht breiter als 2,50m sein, sonst bleiben sie stecken. Dieser Gefahr setzt sich auch aus, wer bei Regen durch den Wüstensand rollen möchte.

Pinnacles
Pinnacles

Auf keinen Fall auslassen sollte man das in den National Park integrierte Pinnacles Desert Discovery Center. Eine multimediale Ausstellung erläutert Zusammensetzung und Entstehung dieser Sandsteingebilde. Die Forschung nimmt an, dass es sich um gepresste, erodierte Überreste von Muscheln handelt. Denn vor mehreren hunderttausend Jahren war dieses Gebiet noch Meeresgrund. Ganz sicher ist man sich aber offensichtlich nicht über Herkunft und Zusammensetzung der Pinnacles. Denn eine andere Forschungsrichtung besagt, dass hier früher ein Wald gestanden haben soll. Mithin betrachten wir heute also versteinerte Baumreste (petrified forest). Ob nun die eine oder andere Forschungsrichtung stimmt, tut den phantastischen Fotomotiven auf unserer knapp halbtägigen Fotosafari keinen Abbruch.

Mit der Küsten-Heide-Landschaft findet die Wildflower Story natürlich kein abruptes Ende. Nur wenige Kilometer von der Küste entfernt, bei der einladenden Stadt Moora stoßen wir auf eine weitere Wildflower Farm (www.wildflowerswa.com.au). Diese Farm widmet sich in der Tat der Pflege, Bewirtschaftung und Vermarktung der Wildblumen. Pflege bedeutet dabei, die angrenzenden Felder und Wiesen der Farm stehen samt und sonders unter Schutz. Die Natur bleibt unbearbeitet. Bewirtschaftung bedeutet, dass gut zwei Dutzend Blumenpflücker jetzt in der Blütezeit ausschwärmen, um die Farbenpracht auszudünnen. Vermarktet wird das Ganze dann meist in getrockneter Form. „Wir liefern weltweit“, betont die Farmersfrau nicht ohne Stolz, während sie eine Lieferung nach Italien bearbeitet.

Kloster New Norcia
Kloster New Norcia

Ein Stück weiter soll es noch ins Inland gehen, rund 60km tiefer zu Australiens spirituellem Hauptanziehungspunkt, einem Benediktiner Kloster. Wir finden es im Dorf New Norcia am Brand Highway. Eigentlich besteht das ganze Dorf  nur aus den Klosteranlagen. Die 38 sonstigen Bewohner bewirtschaften meist das Visitors Information Center, das angrenzende Hotel mit Café oder arbeiten an der Dorftankstelle.

Museum und Kunstgalerie sind zu besichtigen, eine „Stadttour / Town Tour“ soll tieferen Einblick in das Klosterleben geben. Eindringlicher geht es, wenn man der Einladung der Mönche zum Gebet folgt (6 Mal pro Tag), oder sich mehrere Tage lang der klösterlichen Spiritualität hingibt. Motto der Besinnungswoche: „It refreshes the soul better than any holiday. The only hardship of coming here is leaving“.

Kirchenmusikalische Schwerpunkte, literarische Veranstaltung sowie Seminare zur Bibelforschung runden das Programm ab. Die Anzahl der Besucher an einer dieser Literaturseminare über Dantes „Göttliche Komödie“ deutet auf einen guten, überregionalen Ruf hin.

Mit „Himmelsforschung“ im weitesten Sinn befasst sich auch das Cosmos Center / Center of Gravity der Universität Westaustraliens. Wir finden das Discovery Center and Observatory verborgen in unendlicher Heidelandschaft auf dem Rückweg zur Küste bei dem Weinort Gingin. Alles was in der Gravitäts- und Raumforschung Rang und Namen hat, ist hier ausstellungsmäßig vertreten. Albert Einstein nimmt einen besonderen Platz ein. Die Anlage dient gleichzeitig als physikalisches Bildungszentrum für Schüler und Studenten allen Alters, mit viel experimentellem Material zum sprichwörtlichen „Begreifen“.

Schiefe Turm von Gingin
Schiefe Turm von Gingin

Eine solche Begreifgelegenheit lassen wir uns natürlich nicht entgehen. An einer der Lernstationen haben wir Gelegenheit, das eigene Körpergewicht zu relativieren. Bei gemessenen 74kg lebendem Erdgewicht bleiben davon auf dem Pluto gerade noch einmal 5kg übrig, wegen der geringeren Gravität. Auf dem Mond wären wir immerhin schon 8kg schwer; der Merkur wartet mit 24kg auf, auf dem Mars steigert sich das Eigengewicht dann auf 29kg. Soweit die freundlichen Messangaben, denn reisen wir weiter zum Jupiter, wären unsere 74kg bereits zu 180kg umgewandelt. Auf der Sonne, die glücklicherweise nicht betreten werden kann, wögen wir aber doch 2.080kg.

Von diesem Körpergewicht müssen wir wieder herunter. Hierfür besteigen wir den universitätseigegen schiefen Turm. Er hat den gleichen Neigungswinkel wie jener in Pisa. Von der 10. Etage aus, nach 222 Stufen und einigen Gramm weniger, werden dann wissenschaftlich relevante Fallstudien durchgeführt. Spielerisch geht es bei uns um einen mit Wasser gefüllten Luftballon. Soviel Erkenntnis, gepaart mit dem Gewichtsverlust, lassen die Mühsal des Aufstiegs schnell vergessen.

Noch sind es zwar gut 150km bis Perth, doch allmählich machen sich die Auswirkungen einer Großstadt bemerkbar. Wie?

In Two Rocks
In Two Rocks

Die Küstenorte erhalten einen völlig anderen Anstrich. Die Millionenvillen in der ersten Reihe am Meer werden unübersehbar. Völlig neue  Orte entstehen. Die letzten Baulücken zwischen den Orten sollen wohl noch geschlossen werden. Brandneue Shopping Center haben ihre Pforten geöffnet. An vielen leeren Grundstücken lesen wir das Schild „Verkauft“. Die Bautätigkeit ist voll im Gange, auch an Sonntagen.

Prototypisch für diesen Bauboom stehen die neuen, supermodernen Dörfer – oder eher Siedlungen – Two Rocks und Yanchep. Die Architekten haben sich viel einfallen lassen, um bauliche Tristesse zu vermeiden. Abwechslungsreich präsentieren sich die Häuserzeilen. Großzügig gestalten die Lokalpolitiker das Umfeld mit kombinierten Rad- und Wanderwegen, ansprechendem Outdoor Mobiliar und vielen Grünanlagen. So lässt es sich leben (mit dem nötigen Kleingeld!).

Yanchep National Park
Yanchep National Park

Yanchep wartet aber nicht nur mit dörflicher Schönheit auf. Fast direkt am Ortsrand öffnet der Yanchep National Park seine Pforten. Er wirkt wie eine Miniaturausgabe seiner großen Geschwister. Man kann eigentlich alle Attraktionen zu Fuß erreichen, die Crystal Cave (kann nur per gebuchter Tour besichtigt werden), das Aboriginal Center, Loch Ness (mit richtigem Namen Loch McNess) sowie eine Koala Kolonie. Und die großen Western Kängurus hüpfen eh im gesamten Parkgelände herum. Dieser Park eignet sich hervorragend für ein Schönwetter Picknick mit anschließenden Spaziergängen – oder umgekehrt.

Yanchep National Park
Yanchep National Park

Somit beenden wir dieses Kapitel unmittelbar vor den Toren von Westaustraliens Hauptstadt Perth.

K&K 73 – Bunter Blumenteppich auf 2,5Mill km²

Die ersten Anzeichen der nördlichen Blumenteppichkante entdecken wir in der Nähe von Geraldton (vgl. vorheriges Kapitel). Je südlicher wir kommen, umso dichter und farbenfroher wird das Teppichmuster. Wildflower Country zieht sich hinab bis an die Südwestküste und ins östliche Outback.DSCN9163

Die Wildblumensaison dauert von July bis November mit den Scherpunktmonaten August, September und teilweise Oktober. Besonders in den kleineren abgelegenen Orten öffnen deshalb extra Visitor Information Center ihre Pforten oder werden Wildflower Festivals organisiert. Eine Reihe von Tourenanbietern in den verschiedenen Orten hat sich auf bunte Rundfahrten spezialisiert. Das Angebot an regionalen und überregionalen Wildflower Broschüren ist immens. Aus einer dieser Hefte suchen auch wir uns aus immerhin einem guten Dutzend verschiedener Trails den passenden Loop für self drivers heraus. Jede dieser Routen, meistens Rundfahrten zurück zum Ausganspunkt, hat eine Länge von 300km bis 500km. Die unsrige, als Everlasting Trail bezeichnet, führt uns überwiegend in die südöstliche Region von Dongara. Für ein eventuelles Kartenstudium hier einige der kleinen Orte als Anhaltspunkte: Mingenew – Three Springs – Ebeabba – Perenjori – Morawa – Mullewa.DSCN8963

Im gesamten Westaustralien sollen 12.000 Wildblumenarten wachsen, von denen rund 60% nur in Australien gedeihen. Über insgesamt 2,5Mill. km² sollen sie verstreut blühen. Somit lassen sich dann auch immer nur kleine Ausschnitte aus dem bunten Meer herausfiltern. Doch diese sind beeindruckend. Es ist eben nicht so, dass auf einer Wiese ein kleiner Fleck voller Blumen entdeckt wird. Großflächig, oft soweit das Auge reicht, schillern gelbe, weiße oder violette Teppiche am Straßenrand in die Landschaft hinein. Eine Etage höher inmitten der Farbenpracht leuchten oft goldgelbe Mimosenbüsche oder rote Azaleen.

Pommes in der Pampa
Pommes in der Pampa

Und wie heißen die australischen Wildblumen? Hier eine kleine Namensauswahl: Dampiera, Silver Cassioa, Wreath Flower, Everlastings, Eremophila, Donkey Orchid oder Climbing Fringe Lily. Für den Betrachter ist die Schönheit der Blumenpracht sicherlich viel entscheidender als der Pflanzenname.

Die kleinen Orte am Wegesrand geben sich viel Mühe im Konkurrenzkampf um die Durchreisenden. Jeder wartet außer mit der Wildblumenpracht mit irgendeiner anderen Besonderheit auf: Morawa mit den Koolanooka Springs,  Three Spings mit einem Lookout auf die Talkum Mine und einem Minifelsgarten; Mingenew mit historischen Wandgemälden. Von hier aus führt eine Straße in den 30km nördlich gelegenen Coalseam Conservation Park. Mit seinem Irvin River Gorge ist er ein Musterbeispiel an Wildflower Romantik.DSCN9166

Auch Perenjori, als Ort selbst eher unscheinbar, schickt seine Besucher ein wenig nach außerhalb. In einem der früheren Berichte haben wir bereits über den „Dingo Fence“ berichtet (vgl. Kap. „Von Sechs bis Sechs“.) Dieser Schutzzaun zieht sich bekanntlich 5.400km von der südaustralischen Küste in der Nullarbor Plain bis hinauf ins nordöstliche Queensland. Er sollte und soll die Schafsherden vor Dingoraubzügen schützen. Seinen Zaunvetter finden wir nunmehr beim Dorf Perenjori. Hier allerdings soll nicht das Vieh vor Raubtieren geschützt werden sondern das Gemüse und Getreide vor gefräßigen Kaninchen. So heißt dieses Zaunbollwerk denn auch „Rabbit Fence“ und erstreckt sich von Westaustraliens Nordküste bis zur Südküste.

Mullewa Kirche
Mullewa Kirche

Der nördlichste Ort dieser Flower Power Rundtour strahlt schon fast etwas Pilgerfahrtähnliches aus. Er kann mit einem rund drei Kilometer langen Wildblumenpfad aufwarten, immer schnurstracks durch die wilde Natur. Seine Hauptattraktion allerdings steht bescheiden am Dorfrand und ist die Kirche „Our Lady of Mount Carmel“. Geplant und erbaut vom Priester-Architekten Monsignor Hawes zu Beginn des 20. Jahrhunderts bildet sie ein Schmuckstück in einer Reihe ähnlicher Gotteshäuser der Region.

In Mullewa stehen wir auch am Scheidepunkt, ob wir zurück an die Küste fahren oder weiter hinein ins östliche Outback. Wir entscheiden uns für die zweite Richtung. „Das blühende Outback erleben“, ein „must do & must see“ wurde uns vielfach von Einheimischen geraten. Nun, sie kennen ihr Land, wir nicht so sehr. Verlassen wir uns auf die Ratschläge und steuern Laverton 800km östlich an.DSCN9169

Und ebenfalls für diesen Streckenabschnitt führen wir für diejenigen, die mit dem Finger auf der Landkarte mitfahren wollen, einige Ortsnamen an: Mullewa – Yalgoo – Mt Magnet mit nördlichem Abstecher nach Cue – Sandstone – Leinster – Leonora – Laverton.

Die Farbenpracht des Blumenteppichs bleibt uneingeschränkt strahlend. Ihr Effekt erhöht sich höchstens noch durch die rote Erde des Outbacks, insbesondere bei den weißen und gelben Blüten. In der Tat lässt sich sagen: „Die Wüste blüht“ – ein wunderbares, unbeschreibliches Schauspiel.

Diese zum Teil winzigen Orte warten ebenfalls oftmals mit einer kleinen Besonderheit auf. Allen gemeinsam ist, dass sie jeweils rund 150km voneinander entfernt liegen, die „durchlöcherte Einsamkeit“ sich auch auf diesem Streckenabschnitt fortsetzt. „Golden Quest Discovery Trail“ nennt sich die Tour ins Binnenland. Die Blütezeit der Region lag also während des gold rush. Heute bedeutet das Andenken und dessen Pflege an diese goldenen Zeiten vielfach aktuelles „touristisches Gold“.   Mt Magnet z.B. bietet neben dem Warramboo Hill Outlook ein umfangreiches „Mining and Pastoral Museum“. Der Blick von den nahe gelegenen Granitformationen gibt den Blick frei auf die Tagebaumine (Gold). Der Ort Cue wirbt mit den Ruinen des Big Bell als Referenz an die längst verflossene Goldene Ära.  Das dörfliche Sandstone hingegen versucht sein touristisches Glück mit dem Felsbogen „London Bridge“ welcher sich immerhin gut 50km außerhalb des Ortes wölbt und nur über eine dirt road erreicht werden kann.

Trinkwasser endlich!
Trinkwasser endlich!

Spannender wird es in Leonora bzw. im zwei Kilometer entfernten Gwalia. Die noch aktive Mine beherbergt aber bereits Museales. Zum einen ist Gwalia eine Ghosttown aus der Zeit des gold rush. Zum anderen präsentiert man in einer ansehnlichen Ausstellung stolz das erfolgreiche Werk von Herbert Hoover, der die Mine aufgebaut hat. Der Name verbindet sich eigentlich mit einer anderen Assoziation als australischem Bergbau. Herbert Hoovers Name erscheint eher als der 31. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. In dieser verlassenen Outback Region hat er vor seiner Präsidentschaft gewirkt. Der Besucher dieses Museums kann nicht nur anschauen. Er kann auch in den Räumen des Hoover Hauses übernachten. Drei Originalzimmer stehen den Gästen zur Verfügung, im modernisierten Stil der damaligen Zeit (www.gwalia.org.au).

DSCN9089End- und Höhepunkt dieser Outbackschleife ist Laverton. Auch hier hat ein australischer Albert Schweitzer gewirkt, Dr. Charles Laver. Mit dem Fahrrad  besuchte er um die Wende des 19. zum 20 Jahrhundert seine Patienten in den weit verstreuten Siedlungen des Outbacks. Mehr Anziehungskraft besitzt „The Great Beyond – The Hall of Fame of the Explorers“. Alle Entdecker, die sich bei den ersten Erkundungen West- und Zentralaustraliens des 18./19. Jahrhunderts einen Namen gemacht haben, werden hier geehrt. Per Film erfahren wir mehr über die gescheiterte Suche in der Wüste nach dem preußischen Erforscher Friedrich Wilhelm Ludwig Leichardt (verschollen 1848 im zentralen Outback). In einer „historischen Videokonferenz“ unterhalten sich die Entdecker Alexander Forrest, Edvard J. Eyre, Williams J. Wills, Augustus Gregory und Dirk Hartog und einige andere mehr über Erfolge und Misserfolge ihrer Expeditionen. Dieses Museum hat es in sich. Es lohnt den Besuch außerordentlich.

In Laverton, dem letzten Ort vor dem sandigen Outback Way quer hinüber im östlichen Outback, kehren wir wieder um zurück an die Westküste. Die Wildblumen Story begleitet uns natürlich auch auf dem Rückweg, besonders rund 100km, bevor wir die Küste des Indischen Ozean wieder erreichen. Im Dorf Coorow folgen wir der Ausschilderung „Wildflower Farm“. Dahinter verbirgt sich nicht etwa ein Gehöft, welches die Wildblumen züchtet. Das wäre auch ein Widerspruch. Diese Farm ist eingebettet in unübersehbare Wiesen und Felder mit diesem Naturschmuck. Ein sechs Kilometer langer, sandiger Rundweg führt mitten hindurch. Kleinere Abzweigungen vom Hauptweg, z.B. hinauf auf einen Lookout bieten einen noch besseren Überblick über das vielfarbige Blütenmeer. DSCN9096Somit erfreuen wir uns eines wirklich genüsslichen Abschlusses dieser Inlandstour.

Als nächste Touretappe planen wir den Indian Ocean Drive, der in der Gegend von Dongara beginnt und uns bis kurz vor Perth führen wird.

K&K 72 – Dem Staub den Rücken kehren

Die Monate Juli bis November gelten als Australiens Wildblumen- Saison. Der „Mittlere Westen“ erblüht in einem kunterbunten Farbteppich. Doch ehe wir in die Tiefe dieses Naturtuschkastens dringen können, bleiben wir noch einige hundert Kilometer an der Küste des Indischen Ozeans.

Indischer Ozean
Indischer Ozean

Nach der Monkey Mia Delphin Show durchqueren wir gut 300km südlicher den ruhig besonnenen Kalbarri National Park. Die Ajana-Kalbarri Road führt in einer Nordwestschleife durch ihn hindurch. Naturperspektiven stehen auf dem Programm, keineswegs spektakulär aber malerisch und nicht überlaufen. So laufen wir den Ross Graham Lookout mit Ausblick auf den Murchison River Gorge an, kurz darauf den Hawks Head, einen Flussfelsen mit der Kontur eines Habichtkopfes.

Im Städtchen Kalbarri können River Cruises gebucht werden. Der Ort selbst kann sich einiger wunderschöner Parkanlagen und Lookouts auf die Mündung des Murchison Rivers in den Indischen Ozean rühmen. Idylle perfekt heißt es morgens um 8.45 Uhr bei der Fütterung der Pelikane.

Kalbarri NP
Kalbarri NP

Die Stadtbilder haben sich nunmehr absolut verändert. Keine staubigen Hauptstraßen mehr, die Farbe Grün dominiert in den Vorgärten.  Die meisten  Nebenstraßen bleiben in der Regel nun auch geteert. Die nördliche durchlöcherte Einsamkeit ist dörflichem Farmland mit zahlreichen Gehöften gewichen. Diese stehen jetzt vielfach mitten in blühenden Rapsfeldern. Man merkt, der Winter nimmt Abschied, der Frühling klopft an die Tür.

Doch zurück zum National Park. Nach dem Ort Kalbarri lohnen noch Abstecher zum Island Rock und zur Natural Bridge, beide mit fantastischem Blick auf den tosenden Ozean. Dann ist der National Park aber auch bereits wieder zu Ende.

Island Rock
Island Rock

Bevor wir auf den großen North West Coastal Highway zurückkehren, grüßt noch der Pink Lake nahe der Küste. Hier färben nicht irgendwelche Chemikalien das Wasser rosa, sondern die Natur. Beta-Carotin haltige Algen wachsen in ihm und geben ihm so seine Farbe. Das ergibt schon ein eigenartiges Bild: Blaues Meer, gelbe Dünen mit ein wenig grünem Strandhafer versetzt und davor der rosa See.

Pink Lake
Pink Lake

Die große Kleinstadt Geraldton soll der nächste Stopp werden, nur 80km hinter der Parkausfahrt. Wer vor der Stadt einen malerischen Übernachtungsplatz sucht, der biege ca. 20km vorher ab zur ausgeschilderten Coronation Beach. Diese Bucht besteht aus einem einzigen parzellierten Übernachtungsplatz direkt am Strand. Für 7AUD/4€ pP stehen wir idyllisch und absolut ruhig in der Abendsonne. Im Vergleich zum nördlichen Broome verschwindet das Himmelsgestirn hier erst zwischen 18 Uhr und 18.30 Uhr hinter dem Horizont. Dafür fallen die Temperaturen von 25°C rapide auf nächtliche 8°C. Man merkt, es herrscht kein Tropenklima mehr!

Coronation Bay
Coronation Bay

Geraldton, mit knapp 40.000 Einwohnbern der größte Ort zwischen Broome und Perth, wartet mit rund 10km malerischer, ausgebauter Küstenpromenade auf. Haupteinkaufsstraßen drängen sich in der Unterstadt, gleich darauf wird man in die hügelige Oberstadt geführt. Die stolze Kathedrale spiegelt einen Hauch venezianischer Baukunst wider, ebenso wie einige historische Häuser.

Gleich zwei geschichtliche Erbstücke gilt es zu verwalten, als Küstenort haben beide natürlich mit Schifffahrt und Meer zu tun. Beide Ereignisse hinterlassen tragische und traurige Erinnerungen.

Zum einen erfahren wir viel über die Havarie des Schiffes „Batavia“ (Ende des 17. Jahrhunderts) an dieser Schiffswrackküste. In dem ausgezeichneten Westaustralien Museum gibt es zu diesem Thema eine hochinteressante Führung. Der Nachbau eines Longboats schaukelt stilecht im Marinabecken direkt vor dem modernen Museumsgebäude. Solche Longboote wurden mitgeführt als Rettungsboote, aber auch als Erforschunsboote für Flüsse in unbekannten Gegenden. Keine 10m Länge weisen sie auf. Als Stabilisatoren haben sie keinen Kiel, sondern seitliche Flügelbretter. Dadurch bleiben sie geeignet für flache Gewässer und können schnell wieder flott gemacht werden, sollten sie auf Grund gelaufen sein.  An überdachten Wetterschutz ist nicht zu denken. Maximal 45 Mann Besatzung fanden in der absolut offenen Nussschale Platz (every seat a window seat!).

Longboat
Longboat

In der musealen Batavia Ausstellung bleibt der Blick an einem riesigen Steintor hängen.

Diese riesigen Quader konnten geborgen werden. Aus den Schiffsaufzeichnungen geht hervor, dass sie am Schiffsboden als Stabilisatoren gelagert waren. Ihre Herkunft konnte nachvollzogen werden. Sie stammen aus einem Steinbruch bei Bentheim in Deutschland.  Bestimmt waren sie für den Bau eines Steintores. Also hat man es jetzt im Museum installiert.

Der zweiten maritimen Katastrophe aus jüngerer Vergangenheit wird mittels eines großen Memorials gedacht. Auf einem der Hügel ragt die sehr geschmackvolle Gedenkstätte empor. Sie erinnert an den Verlust des Kreuzers „HMS Sydney II“, der während WW II in einem Gefecht mit einem deutschen Kriegsschiff sank. Bis heute wurden noch keinerlei Überbleibsel von Schiff und Mannschaft (645 Leute) je wiedergefunden, alles spurlos verschwunden.

Batavia Fracht
Batavia Fracht

Doch widmen wir uns jetzt lieber der Leichtigkeit des Strandlebens. Nur 60km südlicher erwartet uns der Doppelort Dongara-Port Denison. Er ist ein Paradestück für Segeltourismus mit seiner großflächigen Marina. Im Moment, d.h. im winterlichen August, herrscht zwar keine Segelsaison. Dennoch ist der Sportboothafen gut belegt. Die kleine,  niedliche Stadt bietet auch für durchreisende Camper einen fantastischen Service. Auf der Wiese neben dem Sportplatz dürfen „fully self contained“ Wohnmobile, also auch unseres, kostenfrei übernachten. Umso besser schmeckt uns dann der frische grüne Spargel, den es nunmehr für nur 4AUD /2,50€ (500g) zu kaufen gibt. Welt verkehrt eben, Spargelernte im Winter.

Es wird Zeit, dass wir in die anfangs angesprochenen Wildblumen kommen. Hier und da sehen wir am Rand des Highways bereits gelb leuchtende, manchmal auch weiß schimmernde Weiden. Hier ist die Blüte dann bereits im Gange. Für eine intensivere Farbenpracht verabschieden wir uns erst einmal wieder von der Küste und fahren ostwärts  ins Landesinnere.

K&K 71 – Das Reef von gegenüber

Das Great Barrier Reef an der Ostküste genießt Weltruf und wird entsprechend frequentiert. Das Ningaloo Reef an der Westküste bleibt hingegen weniger bekannt.

Bergkängurus
Bergkängurus

Der im vorherigen Kapitel angekündigte Szenenwechsel hat sich somit vollzogen. Die dominierende Farbe Rot ist einem durchweg satten Grün gewichen. Die tropische Ära gehört  südlich des Karijini National Parks mehr oder minder der Vergangenheit an. Nur noch vereinzelte Palmen wachsen wenn überhaupt in den Ortschaften. Da es aber in der durchlöcherten Einsamkeit so gut wie keine Orte gibt, fällt auch der Palmenbestand entsprechend spärlich aus. Denn zwischen dem Karijini National Park bis zur nächsten nennenswerten Ortschaft, Exmouth, liegen immerhin 650 Kilometer.

Davon sind rund 170km auf dem Highway der North West Cape Halbinsel zu fahren, fast bis in die Spitze hinein. Exmouth, eine Stadt, die sich nunmehr fast völlig dem Tourismusgeschäft ergeben hat. Bevor es soweit gekommen war, diente sie als Militärstützpunkt. Während des WW II extra als Marine und Airforce Basis erbaut, war sie ein wichtiger Standort im Pazifikkrieg gegen die Japaner und musste unter den Bombardements entsprechend leiden. Heute erinnern nur noch einige Gedenksteine und das Potshot Memorial an diese Zeit von 1942-1945.

Als Stadtbild bleibt Exmouth recht konturenlos. Niedrig geduckte Häuser mit überwiegend grauen Dächern schimmern aus der Busch- und Weidelandschaft hervor. Als charakteristisches Stadteinfallstor präsentiert sich eine nagelneue, riesige Marina. Hier auf sandigen Flächen gibt es noch viele freie Grundstücke mit eigenem Bootsanlegesteg, die einen Käufer suchen. Das Ortszentrum als großflächiges Shopping Center strotzt vor Funktionalität. Ansonsten alle Arten von Touristenunterkünften en masse. Der Camper nimmt den Nachteil in Kauf, dass er nirgendwo frei übernachten darf, profitiert hingegen beim gut sortierten Visitor Information Center von einem kostenfreien Trinkwasserhahn. Dieser Umstand ist allein schon deshalb erwähnenswert, weil auch auf den Campingplätzen in der Umgegend das Wasser aus dem Hahn nicht trinkbar ist.

Doch an Exmouth kommt niemand vorbei, der den Cape Range National Park der Halbinsel besuchen möchte. Fast die gesamte Halbinsel bedeckt diese Naturperle auf der Westseite. 75km von Exmouth bis zum Yardie Creek um die Spitze der Halbinsel herum eine wundervolle Tour. Im Zentrum erhebt sich stets die North West Range. Die Straße verbleibt in Küstennähe mit vielen, vielen Strandzugängen und kostenpflichtigen Campingmöglichkeiten (Natur- oder Wildernesscamping).

Cape Range NP
Cape Range NP

Außer all den wunderschönen Beaches, Dünen und Picknick- Möglichkeiten bleibt jedoch der Besuch des Yardie Creek Gorge der unschlagbare Höhepunkt des National Parks. Ein drei Kilometer langer Naturpfad führt zu ihm hin und teilweise an seine Felskanten heran. Um aber die einzigartigen, nur dort ansässigen Bergkängurus / Rock Wallabies aus nächster Nähe und in ihrer felsigen Umwelt beobachten zu können, empfehlen wir die Yardie Creek Gorge Cruise (www.yardiecreekboattours.com.au/). Das Boot gleitet zunächst entlang am dichten Mangrovenwald und schiebt sich dann Stück für Stück hinein in den rund 50m hohen Felseinschnitt. Die artenreiche Vogelwelt mit z.B. Kingfisher, Habicht oder Kormoranen gibt sich ein Stelldichein. Die in den Felsnischen und Höhlen beheimateten Bergkängurus bleiben der Höhepunkt.  Wie Gemsen klettern, besser hüpfen sie über die oftmals senkrechten Felskanten bis zum nächsten Vorsprung. Mit ihren überlangen Schwänzen steuern sie ihren Sprung, um sich danach sofort mit ihnen auf dem neuen Standplatz abzustützen – eine Bootstour und ein Naturschauspiel der besonderen Art.

Geschützte Natur pur bietet wasserseits der Ningaloo Marine Park mit dem Reef. Als World Heritage gelistet  gilt es als eines der längsten Reefs der Welt. 300km erstreckt es sich von Exmouth bis zum Red Bluff nördlich von Carnarvon.  Im Unterschied zum Great Barrier Reef reichen die Korallenriffe hier im Westen aber teilweise bis auf 100m an die Küste heran. Das erleichtert den Zugang, erschwert den Schutz und zieht gleichzeitig Heerscharen von Tauchern, Schnorchlern und Anglern an. So wurden zahlreiche Sanctuaries als besondere Schutzzonen eingerichtet, die für jegliche Form von Freizeitbeschäftigung tabu bleiben. Ein besonderes Augenmerk richtet sich dabei auf die Schutzzone für Schildkröten. Ein eigenes Informations- und Forschungszentrum lädt zum Besuch ein mit Ranger geführten Abendwanderungen während der Schlüpfzeit der Jungtiere.

Blowholes
Blowholes

Wer nicht so tauch- oder schwimmfreudig ist, das Korallenriff aber trotzdem bestaunen möchte, mache eine Tour mit einem Glass Bottom Boat. Die in Exmouth stationierten Ningaloo Ecology Cruises (www.glassbottomboat.com.au) bietet sich hierfür als geeigneter Ansprechpartner an. Die knapp 90minütige Tour bietet alles, was man von einer solchen Boots-/Besichtigungstour erwarten darf.

Die gesamte Coral Coast gilt auch als Durchzugsgebiet für Wale. Auf ihrer jährlichen Route schwimmen die Meeresgiganten nicht einfach nur diese Küste entlang. Sie haben sich die Region der Ningaloo Coast als Brutgebiet erkoren. So können auf diversen Whale Watching Touren mit etwas Glück Mutter und Jungtier gemeinsam auf ein Foto gebannt werden. Doch Westküste bedeutet auch Windküste. Und so kommt es häufiger vor, dass vorgesehene und ggf. auch bereits gebuchte Touren kurzfristig abgesagt werden müssen. Wer viel Zeit mitbringt, wird dann schon einige Tage später solch eine Tour machen können. Für den Rest bleibt es manchmal bei der Absicht.

Um die spezielle Stimmung dieses North West Capes wirklich in sich aufnehmen zu können, sollte man mehrere Tage einplanen. Wenn man lediglich einmal die Nationalparkstraße hin und wieder zurück fährt, geht vieles an Atmosphäre verloren. Allein schon die unbeschreiblichen Sonnenuntergänge an dieser Sunset Coast lohnen das Warten. In sich einsaugen lässt sich das Sonnenschauspiel entweder von einem der zahlreichen Strände aus oder am besten vom Leuchtturmhügel.

Voller toller Eindrücke verlassen wir nach drei Tagen schließlich das North West Cape wieder. Rund 150 ereignislose Straßenkilometer südlicher werfen wir noch einen kurzen Blick in die Touristensiedlung Coral Bay, immer  noch am Ningaloo Reef gelegen. Hier kann man eigentlich nicht mehr von einem Ort sprechen. Er sollte eher als großer Campingplatz mit ausschließlichem Tourismusangebot bezeichnet werden.

Astronautenblick
Astronautenblick

Machen wir uns auf nach Carnarvon zum südlichen Ende des Ningaloo Reefs. Den eigentlichen Anziehungspunkt bilden allerdings die Blowholes an der felsigen Ozeanküste, rund 70km nördlich der Stadt. Die mächtige Ozeandünung drückt Wasser in unterirdische Meereshöhlen. Wie kalte Geysire spritzen dann Fontänen durch die engen Röhren mit Spitzen bis zu 20m Höhe.

Stadt und Umgebung selbst bezeichnen sich als Obstkorb Westaustraliens. So säumen die Ortsränder am mächtigen Gascoyne River denn auch große Obstanbaugebiete, vor allem Bananenplantagen. Zum Meer hin prägen Dünen das Landschaftsbild. Ein 2,5km langer Wanderweg führt auf einem ehemaligen Gleisbett  von der Innenstadt hinaus zum Steam Train Museum und zur One Mile Jetty. Gegen Eintritt darf sie betreten werden, etwas mehr kostet die Fahrt auf ihr mit der Minieisenbahn.

Erheblich interessanter präsentiert sich Carnarvons Space & Technology Museum. Der Ort mit seiner ehemaligen Leitstrahlfunktion für bemannte Raumfahrzeuge spielte eine gewichtige Rolle während der Mercury, Gemini und Apollo Raumfahrtprogramme der 1960ger bis 1980ger Jahre. Diese Weltraumprogramme sind nunmehr eingestellt. Dadurch hat die Stadt ihre Raumfahrtfunktion eingebüßt und das Beste aus dem Verlust gemacht. Heute erleben wir die Mondlandung von 1969 noch einmal in verschiedenen Filmen nach. In der Enge  des Raketencockpits (Maßstab 1:1) eines der Apollo Raumschiffe spüren wir, wie die Astronauten seinerzeit in Rückenliegeposition starteten. Rund acht Minuten lang vollziehen wir  das Gefühl einer startenden Rakete und den Eintritt in die Erdumlaufbahn nach. Interaktive Displays z.B. zur Berechnung eines Raketenabschusses um den Mond zu treffen, geben einen recht realistischen Einblick in die Komplexität von Raumfahrt. Ohne dass Langeweile aufkommt, kann man gut zwei bis drei Stunden in diesem Museum verbringen.

Monkey Mia
Monkey Mia

Somit können wir nach diesem Museumsbesuch den Ort aber auch ruhig wieder verlassen. Landschaftlich ruhig, um nicht zu sagen eintönig, geht es dann die nächsten 200km weiter südlich Richtung Shark Bay, immer dem North West Coastal Highway folgend. Am Wegesrand zeigt sich weiterhin  geducktes und gedrungenes Gras- und Buschland. Hier und da durchziehen Schafe oder Ziegen die Ebene. Allmählich fangen erste blau-violette, rote, gelbe und weiße Farbflecken an zu leuchten. Wir stehen im ausgehenden australischen Winter (August) an der Schwelle zur Blüte der Wildblumen.

Etwas mehr als 200km südlich von Carnarvon lockt eine weitere Halbinsel zur Erkundung, die World Heritage gelistete Shark Bay mit dem weltbekannten Monkey Mia. Bevor wir an diesen Delphin Strand gelangen, geht es noch einmal 130km bis an die Spitze der Halbinsel.

Segeltörn
Segeltörn

Erstaunlich, wie viele Frühaufsteher es gibt, nur um die morgendliche Begegnung mit den Delphinen nicht zu verpassen. Rund 250 Zuschauer mögen es sein, die ab 7.30Uhr den Strand säumen. Allerdings dürfen wir noch nicht an die Wasserkante selbst, sondern müssen brav auf dem boardwalk abwarten, bis die Ranger der Wildlife Parkverwaltung grünes Licht geben. Inzwischen patrouillieren auch bereits diverse Delphine den Strandabschnitt auf und ab. Sie kennen Treffpunkt und Zeit ganz genau. Denn an 360Tagen im Jahr sollen sie hier zuverlässig aufkreuzen. Sieben Tiere sind es an unserem Morgen. Ganz nah kommen sie ans Ufer heran, suchen quasi den Kontakt zum Menschen. Zwischen den Delphinen und den menschlichen Gästen gehen die Ranger im Wasser auf und ab, damit niemand auf die Idee kommt, die Tiere zu streicheln. Eigenwilliges Füttern bleibt ebenfalls verboten, damit die Delphine ihr Wildtiergebaren nicht ablegen. Unter Aufsicht und in Minimengen wird aber doch gefüttert. Ein bis zwei Fische erhält jedes Tier aus der Hand eines Zuschauers. Rund 45 Minuten dauert die Wildlifebegegnung. Dann schwimmen die Tiere wieder hinaus aufs offene Meer. Allerdings wiederholt sich die Prozedur im Verlauf des Vormittags noch zwei Mal. Andere Delphine kommen zur Fütterung. Es scheint, als ob es einen festen Essenszeitplan der Delphine gibt. Die Ranger können die Einzeltiere beim Namen nennen. Viele Tiere leben schon über 30 Jahre in der Bucht. Australische Westküste ohne Monkey Mia – undenkbar.

Eine weitere Delphinschau steht dann am Nachmittag auf dem Programm. Mit einem Katamaran segeln wir für drei Stunden in den Indischen Ozean hinaus. Ohne Motorgeräusche, nur das Säuseln des Windes und das Schlagen der Segel im Ohr gleiten wir still durch das glasklare Wasser. An den flachen Stellen blicken wir hinab bis auf den Meeresboden. Ein Rochen /Manta Ray hat sich im Sand vergraben. Nur die Schwanzflosse zeigt sich. Und auch sie wäre unentdeckt geblieben, hätte der Fisch sie nicht bewegt. Hin und wieder schwimmt eine Schildkröte vorbei. Doch im Mittelpunkt bleiben die Delphine, die immer wieder um den Segler kreisen. Bei den milden Wintertemperaturen von 20°C bis 25°C bleibt es eine ruhige, gemütliche Cruise. Wir können dieses Angebot von Monkey Mia Wildsights Tours auf dem Segler „Shotover“ (www.monkeymiawildsights.com.au) nur loben.

Stromatoliten
Stromatoliten

Damit ist allerdings das Erkundenswerte auf der Shark Bay Halbinsel noch lange nicht ausgeschöpft. Ziemlich am Südende bietet sich ein Zwischenstopp an, um die Stromatoliten zu besichtigen. Mit ihnen steigen wir ein in die sinnbildlich tiefste erdgeschichtliche Höhle allen Lebens. Sie sollen seit 3.000 Millionen Jahren existieren und die Urform allen Lebens darstellen. Eigentlich sind es nicht anderes als Bakterien gestützte Mikroben, welche in hochsalzigem Wasser existieren. Sie bilden eigenartig eingedrückte ovale Steingebilde, wachsen in Kolonien und kommen eigentlich nur in dieser Gegend vor.

Shell Beach
Shell Beach

Die vielen Outlooks auf der Halbinsel sind alle samt und sonders die ausgewiesenen kurzen Abstecher wert, egal ob Eagle Bluff, Little Lagoon oder Hamelin Pool. Eine Besonderheit bleibt die Shell Beach. Ein Mekka für Muschelsammler? Nein, denn das Areal steht unter besonderem Naturschutz, und Muschelsammeln ist bei Strafe verboten. Dabei gibt es auf den 4km Länge Trillionen der winzigen Hamelin Cockles oder Coquina Shells. Nur wenige Millimeter sind sie in der Regel groß. Der Strand ist eben statt mit Sand mit diesen Muscheln bedeckt in z.T. mehreren Metern Dicke. Gepresst werden sie auch als Baumaterial für Hauswände verwendet. Bei strahlendem Sonnenschein können wir ohne Sonnenbrillen auf dem Strand nicht wandern, derart gleißend reflektieren die Muscheln das Licht.

Ich bin ein Fisch / Steinfisch
Ich bin ein Fisch / Steinfisch

So gemütlich es auf der Segeltour zuging, so hektisch kann es im Ocean Park bei der Stadt Denham werden, nämlich immer dann wenn es zur Fütterung der Haie geht. Dieses überwiegende Freiluftaquarium (www.oceanpark.com.au) direkt an der Küste des Indischen Ozeans mit herrlichem Blick von seiner Terrasse aus hat vielfältige, besondere Fischarten in seinen Becken, eben auch Haie. Die geführte Aquariumstour gibt gute Einblicke in die Unterwasserwelt. Als Magnet des Ocean Park gelten jene stündlichen Haifütterungen – eine passende Institution auf der Shark Bay.

Wen es bei so viel Natur wieder ins Städtische zieht, ist in Denham, dem Hauptort der Halbinsel gut aufgehoben. Alle notwendigen Versorgungseinrichtungen sind vorhanden. Das Visitor Information Center hilft bei der Programmgestaltung. Mit seiner langen Promenade an der Beach Front kann der Badeort wirklich punkten. Im Verlauf unserer Rundreise haben wir bereits zahlreiche Küstenorte besucht. Denham gehört aus unserer Sicht zu den einladend angenehmsten.

Wir werden nach Shark Bay noch ein wenig weiter auf Küstenkurs bleiben Richtung Geraldton ca. 500km südlicher, um dann ins Binnenland einzuschwenken. Die Monate August bis November gelten als Saison der blühenden Wildblumen. Lassen wir uns überraschen, wie farbenfroh sich die Landschaft zeigen wird.

K&K 70 – Durchlöcherte Einsamkeit

Größer kann ein Kontrast kaum ausfallen: Auf der einen Seite Australiens dicht bevölkerte Ostküste, an der sich die Ortschaften  dicht aneinanderreihen. Kaum, dass man ein Ortsausgangsschild hinter sich gelassen hat, kündigt sich bereits ein  nächstes Ortseingangsschild an.

Einsamkeit
Einsamkeit

Aber dann auf der anderen Seite des Kontinents an der Westküste zeichnet sich ein völlig anderes Bild.  Von Broome ab herrscht ortsmäßige Leere. Zwischen der Perlenstadt und dem nächsten, südlicheren Ort Port Hedland liegen immerhin rund 600km. Zwischendurch gibt es lediglich zwei Roadhouses zum Tanken.

Und in diesem Stil geht es weiter. 300 weitere Kilometer sind zu bewältigen, um an ein Ballungsgebiet von vier Ortschaften zu gelangen, nach Roebourne, Wickham, Karratha und Dampier. Und wem das alles noch nicht genügt, der fahre dann auch noch die nächsten 250km bis zur Abzweigung vom HWy 1nach Onslow, 80km nördlich, unmittelbar an der Küste. Summa summarum: 1.200km von wenigen Orten durchlöcherte Einsamkeit.

Eisenkunst
Eisenkunst

Die ganze Region heißt Pilbara mit der Great Sandy Desert. Die Große Sandwüste macht auf den ersten Blick nicht den Eindruck, dass sie ihrem Namen gerecht wird. Im optischen Gegenteil, Grasland mit Strauch- und Baumbewuchs herrschen vor. Allerdings verbirgt sich unter dieser hauchdünnen Grasnarbe roter, loser Wüstensand. Einzelne Sandinseln sprechen Bände. Der kleinste Windhauch wirbelt die feinen Sandkörner auf. Staub und Sand, wohin man schaut. Sie dringen vor bis in die letzten Ecken unseres Wohnmobils.

Westküste
Westküste

Gelegentlich zeichnen sich in der Landschaft kleinere und größere Erhebungen ab. Diese sind nicht allein von der Natur geschaffen. Oft handelt es sich um Abraumhalden. Denn die gesamte Pilbara Region ist gleichzeitig Bergbauregion. Eisenerz  und Gas sind die hauptsächlichen Produkte, die hier gefördert werden. Wer nach Port Hedland fährt, glaubt sich im Coober Pedy des Westens. Die Stadt wirbt mit dem Slogan, der größte Massenstückguthafen Australiens zu sein. Vom Ufer aus weit draußen auf dem Meer ist eine lange Kette wartender Riesenfrachter  zu sehen. Nicht so gigantisch, aber stets aktiv, geben sich auch die anderen Orte wie Dampier oder Karratha. Riesige Bergbaumaschinen und Bohrmaschinen säumen das Blickfeld. Eine durchlöchert Einsamkeit stellen sie her.

In Küstennähe mischen sich unter die rostbraunen Halden schneeweiße Berge, auf denen Schneeschieber aktiv sind. Im großen Maßstab wird aus kilometerlangen Poldern Meeressalz gewonnen. Die heiße Wintersonne hilft beim Verdunstungsprozess außerordentlich. Die Uferränder sehen aus, wie mit Zuckerguss bedeckt.

Einsames Newman
Einsames Newman

400km landeinwärts, in der Stadt Newman, erleben wir die Bergbauaktivitäten noch einmal. Der Welt größte Tagebaumine arbeitet hier. Alles wirkt gigantisch in dieser rostbraunen Welt. Die „BHP Billiton Iron Mt Whaleback Mine“ bietet Besichtigungstouren an. Über das Visitor Information Center buchen wir die Morgentour. Ausgerüstet mit Warnweste, Schutzhelm und Staubbrille, dringen wir ein in diese geheimnisvolle Welt. Ein Werkbus bringt uns zum Aussichtsberg, der einen direkten Blick in das Grubenloch zulässt.

Der Welt größte Tagebaumine für Eisenerz bedeutet in Zahlen: Die Grube ist 5,5km lang, 3km breit bei einer Tiefe von rund 150m. Trucks können pro Landung 200t Gestein transportieren und sind damit schwerer als ein Jumbojet. Dafür verbrauchen sie dann aber auch für 24 Betriebsstunden rund 4.000l Diesel. Was das für den regelmäßigen Einsatz von 40 solcher Trucks bedeutet, kann schnell ausgerechnet werden.

Größenvergleich
Größenvergleich

Seit Eröffnung der Mine 1969 sind per Eisenbahntransport mehr als eine Billion Tonnen Eisenerz ins 450km entfernte Port Hedland transportiert worden. In der Newman Mine liegt also die Quelle für Port Hedlands Ruf als größter Massenguthafen Australiens. 7 bis 9 Stunden benötigt ein vollbeladener, 2,6km langer Zug von Newman bis zur Hafenstadt.

Newman Tagebau
Newman Tagebau

Die rund 800 Beschäftigten der Tagebaumine, die in 12-Stunden-Schichten arbeiten,  dürfen nicht staubempfindlich sein, denn staubfreie Flecken gibt es hier nicht. Stadt und Mine bedingen sich einander. Die Rauheit der Minenlandschaft wird kompensiert durch die geschmackvolle Gestaltung der Stadt. Große Grünflächen z.B. stehen zur Freizeitgestaltung zu Verfügung, neben zahlreichen anderen Freizeiteinrichtungen.

Mine hin, Mine her, für Camper bietet das Visitor Center gegen eine geringe Gebühr den angrenzenden Parkplatz als Übernachtungsstandort an. Nach der Minentour werden als Morning Tea heiße Getränke und Scones mit „German cream“ (sprich: Schlagsahne) serviert. Einfach praktisch und sehr aufmerksam.

Historisches Gefängnis
Historisches Gefängnis

Bei allem Bergbaugetöse gewinnt die grüne Lunge der Kilbara Region eine besondere Bedeutung. Die Grünzone liegt wie das Salatblatt eines Sandwiches zwischen den Bergbaustädten Dampier und Newman Es geht um den Karijini National Park im Landesinneren. Nachdem wir die fast schon Outback ähnlichen Ortschaften Paraburdoo und Tom Price passiert haben, erhebt sich schroff die Hamersley Range aus der Ebene. In vielen Bereichen unzugänglich konzentriert sich der Besucherstrom auf die zahlreichen, zugänglichen Gorges, Wassserfälle und Lookouts.  Doch der Park ist so groß, dass kein Gedränge aufkommt, weder z.B. am Joffre Gorge mit Wasserfall noch am Dales Gorge oder eventuell an den Fortescue Falls. In beeindruckenden Wanderungen geht es meistens entlang der Felsenkanten.

Karijini NP
Karijini NP

Auch in diesem National Park gibt es gute Campingmöglichkeiten, zum einen kommerziell an eine Lodge angegliedert, zum anderen auf dem Naturcampingplatz der Parkverwaltung. Und wenn diese Plätze belegt sind, wie es bei uns der Fall war, dann wird man auf den zusätzlichen Erweiterungsplatz verwiesen. Dieser hat den unschlagbaren Vorteil, dass er für den Camper kostenfrei bleibt. Sparfüchse melden sich deshalb auch erst nach 15 Uhr für einen Übernachtungsplatz an, denn bis dahin sind die beiden erstgenannten C-Plätze mit Sicherheit voll belegt.

Je südlicher wir kommen, desto weniger spüren wir tropisches Klima. Die Tagestemperaturen bleiben erträglich warm, die Nächte kühlen jetzt im Winter auf ca. 15°C ab. Auch die permanente, teilweise lästige Luftfeuchtigkeit der nördlichen Regionen nimmt stetig ab.

Dales Gorge im Karijini NP
Dales Gorge im Karijini NP

Zurück geht es aus dem Binnenland wieder zur North West Coastal Route / HWy 1. Damit ist ein markanter Szenenwechsel vorprogrammiert. Exmouth am North West Cape mit dem Cape Range National Park und dem Ningaloo Reef heißt das nächste Ziel. Darüber berichten wir dann in einem weiteren Kapitel.