Auf dem (Küsten-)Weg nach Süden schlagen wir erst einmal einen kleinen Haken ins Binnenland, in die beiden Grafschaften Somerset und Wiltshire, denn mehrere Sehenswürdigkeiten drängen sich zur Besichtigung auf.
Das Museum „Geburtsort der Fotografie“ in Lacock unweit von Bath gewährt Einblick von den ersten Anfängen um 1839 bis zur heutigen digitalen Version. Ihr Erfinder, Sir Henry Fox Talbot schlug sich hier in seinem Schlösschen, einer ehemaligen Abtei, zahllose Nächte um die Ohren, bis er alle technischen und gedanklichen Haken und Ösen beseitigt hatte, um die erste Kamera der Welt, die „mousetrap camera“ präsentieren zu können. Wenn man die ersten Belichtungszeiten von 2 – 4 Stunden mit den heutigen vergleicht, kaum beschreibbar, welch rasante Entwicklung die Fotografie durchlaufen und durchlitten hat. Doch Talbot war nicht der einzige, der diese Kunst erfinden wollte. Im fernen Frankreich saß sein Konkurrent Louis Daguerre, der offensichtlich gleichfalls kurz vor dem Erfindungsdurchbruch stand. Aber wie heißt es so schön? The Winner takes it all! Bei Talbot so viel, dass der das 800 Jahre alte ehemalige Nonnenkloster kaufen und es zu seinem Mansion mit riesiger Parkanlage, eigener Brauerei umgestalten konnte. Alles wirkt wie im Märchen mit dem einer Puppenstube ähnlichen, angrenzenden Dorf und der Mischung aus Herrenhaus und Abtei.
Gleich nebenan rollt man dann in den Kurort Bath mit den immer noch funktionierenden römischen Heilquellen. Sie war und ist eine viel besuchte Stadt. Aufgegliedert in Terrassen genießt man von fast allen Ebenen einen herrlichen Ausblick auf das Tal des Avon. In Bath wurde das Reihenhaus „erfunden“. Zumindest drängt sich dieser Eindruck auf, da man kaum andere Bauformen entdecken kann. Die berühmtesten und teuersten Häuserzeilen stehen am „Royal Crescent“ sowie nur 200m weiter um den Kreisel mit Namen „The Circus“ herum. Als wie kostbar die Bath’sche Architektur beurteilt wird, zeigt sich darin, dass sie sich als einzige britische Stadt als mit dem Titel UNESCO-Weltkulturerbe schmücken darf.
Lassen wir die Blicke Kreise ziehen auf dem Hügel von Glastonbury Tor. Die grüne, hügelige Landschaft beiden Grafschaften liegen dem Betrachter zu Füßen, der Blick schweift zur berühmten Kathedrale in Wells.
Eigentlich handelt es sich bei diesem Tor (Abkürzung von „Tower“) um Turmüberreste aus frühchristlicher Zeit. Doch mystisches Gedankengut gewann die Oberhand, so dass der Bekanntheitsgrad eher auf der Behauptung beruht, hier irgendwann im 12.Jh. Königs Arthurs Grab und das seiner Gattin gefunden zu haben.
Dieser legendäre König wird uns später noch in Cornwall begegnen.
Glastonbury trumpft noch mit einem weiteren Merkmal auf. Der Ort gilt als Hochburg der britischen Esoteriker. Die Straßen sind bevölkert mit Leuten, deren Gedanken überwiegend um „Erleuchtung“ kreisen. Zahlreiche Geschäfte bieten entsprechende Literatur und Utensilien feil.
Den Blick kreisend schweifen lassen, kann man auch vom Dunster Castle. Die schmucken Terrassengärten, das hochherrschaftliche Interieur, die unbeschreiblichen Ausblicke auf den Atlantik dienten rund 600-Jahre bis in die 1960-ger Jahre ehrwürdigen Grafengenerationen als Wohnsitz.
Weiß strahlt sie, die bombastische Kathedrale von Wells. Offensichtlich frisch restauriert, belegt sie als wahre Perle, als ein absolutes „must see“ in einem Besuchsprogramm einen der vorderen Plätze in einem Kathedralen-Schönheitswettbewerb.
Alle Hirnströme kreisen um den Käse im Dorf Cheddar, einem Produktions- und Verkaufsort für den „britischen Gouda“.
Und die während der Käsekostproben angelachten zusätzlichen Kalorien kann man später im schroffen Cheddar Gorge und der Jakobs Leiter ja wieder abwandern und -kraxeln. Bequemer geht es per Auto durch diesen Gorge hindurch zu fahren.
Nun aber endlich zu wirklichen Kreisen, nämlich zu Steinkreisen. Den berühmtesten, Stonehenge braucht man eigentlich nicht mehr zu beschreiben, so bekannt ist er. Und doch ist es immer wieder ein Erlebnis, um ihn herum wandeln zu dürfen.
Das neue, in diesem Jahr (2014) eröffnete Besucherzentrum, der neu eingerichtete Bus-Shuttle-Service und die Tatsache, dass die Besucher nunmehr nur noch in respektvollem Abstand auf vorgeschriebenem Weg um ihn kreisen dürfen, unterdrückt zwar den unmittelbaren Kontakt mit diesen mystischen Steinen, hilft aber der effektiveren Bewahrung dieses unersetzlichen, historischen Zeugnisses menschlicher Kultur.
Und nur rund 30km weiter, im 300-Seelendorf Avebury kann ein weiterer, besterhaltener Steinkreis besichtigt werden. Er ist zwar nicht so berühmt wie sein Nachbar aber mindestens ebenso beeindruckend und sehr viel umfangreicher. Die Touristenströme halten sich in Grenzen; Alles läuft erheblich gemächlicher ab. Außerdem gibt es den rund 3km langen Rundgang „just for free“. Hier darf dem Reisenden human-historisches Erbe lieb sein, ohne dass es gleich teuer wird.
Zum Schluss noch die Entscheidung, ob wir einen rund 30km langen Haken schlagen, sprich Umweg fahren, um im Exmoor von Dorf A nach Dorf B zu gelangen, oder die Furt durch den Fluss Tarr nehmen. Zu Fuß gelangt man trockenen Fußes über die „Tarr Steps“ zum anderen Ufer. Pferd und Wagen in früheren Zeiten, Autos in heutigen müssen unweigerlich ins Wasser. Wir habenmit unserem Wohnmobil den umwegmäßigen Haken gewählt.