Wie der Name es bereits sagt, es wird alles, was in einer Gruppe an Resten von Mahlzeiten existiert, zusammengeschütte(l)t, kräftig umgerührt und neu verteilt. Wer dieses Rezept einmal wirklich ausprobiert hat, wird begeistert sein. Völlig neue Geschmacksvarianten tun sich auf.
Wir titulieren unseren letzten Schottlandabschnitt gleichermaßen, denn wir schütte(l)n verschiedene Regionen Schottlands noch einmal zusammen, Reiseziele, die bisher „übrig“, also unbeachtet geblieben sind. So streifen wir auf der Zielgeraden noch einmal die Nordsee- und die Atlantikküste, tauchen ein weiteres Mal ein in kahle Highlands und hügelig saftiges Grün, lassen Historisches zu Wort kommen und statten einem weiteren „literarischen Helden“ einen Besuch ab.
Zurück an der Nordseeküste nach ausgiebigem Besuch von Edinburgh und Inverness schlägt uns besonders der Küstenstreifen nördlich von Aberdeen über Frazerburgh bis Elgin in seinen Bann. Weite goldgelbe Strände an der Ostküste, schroffe Felsformationen im nördlichen Teil prägen die Landschaft. Besonders prächtig präsentiert sich die Felsbrücke „Bow Fiddle Rock“ beim Fischerdorf Rosehearty. Die „Touristic Route“ treidelt in stetigem Auf und Ab (bis 20% Steigung) oberhalb von Küstenortschaften, die oft nur noch aus einer einzigen, quasi an die Felswände geklebten Häuserreihe bestehen.
Schottlands Nationales Delphinzentrum findet man schließlich kurz vor Elgin. Es hat sich der Erforschung und Arterhaltung dieser Meeressäuger verschrieben. Hier an der Mündung des River Spey in den Moray Firth tummelt sich seit vielen Jahren eine Herde von rund 130 Tieren.
Historisches ist in Elgin ebenfalls zu bestaunen. Die dortige Kathedrale stammt aus dem 12.Jh. Die sehr gut erhaltenen heutigen Ruinen vermitteln einen ausgezeichneten Eindruck dieses riesigen, ehemaligen Gotteshauses. Gleich nebenan wird im „Biblischen Garten“ die Geschichte des „Samson & Dalilah“-Dramas erzählt.
Eine weitere Ost-West-Querung durch Schottland führt selbstredend noch einmal durch die Highlands Richtung Fort William. Die Stadt quillt förmlich über von Touristen, gilt sie doch als Tor ins „Glen Nevis“ Bergmassiv.
Der „Ben Nevis“ ist mit seinen 1.344m der höchste Berg Englands. Nicht nur Skifahrer finden im Winter hier ihr Paradies, Bergwanderer könne sich gleichermaßen austoben. Als Krönung touristischer Aktivitäten wurden für Mountainbiker extra gefährliche Strecken ausgewiesen. Wer es gemächlicher mag, der lasse sich in einer Bergbahngondel auf den Gipfel schaukeln, von dort dann im Sessellift noch tiefer ins Bergmassiv „Nevis Range“ hinein.
Bonnie Prince Charly, ein Angehöriger des einstmals mächtigen Stuart-Clans begann in diesem Gebirgsabschnitt beim Dorf Glenfinnan seinen schließlich doch gescheiterten Versuch, die englische Krone „zurück zu erobern“. Ein Monument erinnert an den „Treffpunkt“ mit den ihm ergebenen schottischen Clan-Kriegern im Jahr 1745. Im vorigen Berichtsabschnitt (On Tour 22 „Ein flotter Dreier“) hatten wir bereits geschildert, dass dieser Traum wenig später, im April 1746, im Inverness nahen Culloden nach einer nur einstündigen Schlacht ausgeträumt war.
„Scenic Argyll Coastal Trail“ heißt die Weiterfahrt nunmehr wieder im Westen am Atlantik immer Richtung Süden. Als Ziel steht die Kintyre Halbinsel mit der berühmten Südspitze auf dem Programm. Hier wurde wiederum schottische (Kirchen-) Geschichte geschrieben. Der bereits mehrmals erwähnte St. Columba setzte 630AD just an diesem Strand, von Irland kommend, seinen Fuß zum ersten Mal auf schottischen Boden. Ein in Felsen gehauener Fußabdruck, der Felsenbrunnen und seine Wohnhöhlen erinnern an dieses Ereignis.
Unsterblich geworden ist ebenfalls der naheliegende Leuchtturm auf dem Mull of Kintyre (bergige Bergnase) durch den entsprechenden Song von Paul McCartney. Und schließlich der zentrale Ort der Halbinsel, das südliche Campbeltown mit seiner Palmen bestückten Meerespromenade. Sein Ruf war im 19.Jh. berüchtigter, sollen doch nicht weniger als 30 Whisky Distillerien hier das kostbare Getränk produziert haben. Heute arbeiten nur noch drei davon, immer noch genug, um in den örtlichen Pubs eigene „Whisky – Menukarten“ aushängen zu lassen.
Stürmisch im wahrsten Sinne des Wortes ging es dann auf der Weiterfahrt Richtung „The Borders“ zu. Auf der dreistündigen Fährfahrt von der Halbinsel zurück zum Festland (spart rund 200 Autokilometer) schwankte es derart, dass sich nicht nur manches verzehrte, reichhaltige schottische Frühstück schnell wieder einstellte. Sondern das Geschirr und die Speisen am Frühstückstresen machten sich durch die rollenden Schiffsbewegungen mit einem Höllenlärm und sich rasch verbreitenden Düften selbständig, bis schließlich alles auf dem Fußboden zerschellte.
Wieder festen Boden unter den Füßen zieht es uns noch einmal östlich in die englisch-schottische Grenzregion südlich von Edinburgh. Wohl kein Landstrich wurde im Laufe der Geschichte wegen des Dauerzwistes England – Schottland so häufig von kriegerischen Auseinandersetzungen heimgesucht wie diese Region zwischen Schottlands Hauptstadt und dem englischen Carlisle.
Ziemlich genau im Zentrum dieser Hügellandschaft liegt das idyllische Städtchen Melrose am River Tweed mit seiner riesigen Abbey (heute eine bestens erhaltene Ruine) aus dem 6.Jh. Die Zisterzienser hatten hier, wie auch noch in den Orten Kelso, Jedburg und Peebles (alle in unmittelbarer Nähe) ein geistiges Zentrum errichtet. Wie so oft vermischten sich Politik und Kirche intensiv. So weist man auch in der Gegenwart noch voller Stolz darauf hin, dass in der Melrose Abbey das mumifizierte Herz des ersten Schottenkönigs, Robert The Bruce begraben liegt. Weder religiös noch politisch sondern einfach nur lustig schaut der in Stein gehauene, Dudelsack pfeifende Schweinekopf von einem Dachfirsten der Abbey auf den Besucher herab.
Unser Hauptziel war jedoch eher literarischer Art, und so peilten wir nach einem kurzen Streifzug durch den innerörtlichen Harmony Garden „Abbortsford House & Gardens“ an, wenige Kilometer vor den Stadttoren gelegen. Diese weiträumige Anlage bildet so etwas wie eine Pilgerstätte für Freunde der schottischen Literatur. Gewidmet ist sie dem Nationaldichter Sir Walter Scott (1771-1832). Eine der bekanntesten Romanfiguren in unserem Sprachraum ist wohl „Ivenhoe“. Doch er hat eine ganze Bibliothek voller Romane, Novellen und Gedichte geschrieben. Zu seiner Zeit galten seine Werke als Bestseller. Scotts‘s literarische Produktivität war jedoch nicht nur dem „Genius der freien Entfaltung“ geschuldet.
Spröde wirtschaftliche Zwänge veranlassten viel eher den Poeten, so viel zu schreiben. Abbortsford House geriert sich als kleines, sündhaft teures Schloss nicht nur vom Kauf sondern auch in der Unterhaltung her. Und so war denn manches Verlagshonorar bereits verpfändet, bevor auch nur das erste Kapitel eines neuen Werkes in Angriff genommen worden war.
Unsterblichen Ruhm hat sich Scott durch die Schaffung der für uns typischen Figur des Schotten erworben: Der Mann im Kilt mit dem Dudelsack unterm Arm, sprich „der edle Kämpfer / The Noble Warrior“. Und es ist ja nicht bei der literarischen Figur geblieben, sondern hat Eingang gefunden in das folkloristische und alltägliche Leben Schottlands. Oder wie stellen Sie sich den typischen Schotten vor?
Bye Bye Scotland!