Der Name sagt es bereits. Wir verlassen NEW SOUTH WALES und rollen hinein nach VICTORIA, wieder zurück an die Küste der TASMAN SEA. Auf dem Princes HWy/HWy 1 erschließen wir uns Australiens Südostecke. Um an die eigentliche Küste zu gelangen, muss man immer wieder Stichstraßen nehmen, denn der Highway verläuft meistens rund 20km vom Meer entfernt. Doch die Abstecher lohnen, einer wie der andere.
Man hat uns geraten, diese Hauptverbindungsader wegen des starken LKW-Verkehrs so oft wie möglich zu meiden. Umso überraschter sind wir, dass wir an einem normalen Werktag zu normaler Verkehrszeit so gut wie allein die Straße bevölkern. Wir sind zwar nicht gerade einsam auf dem Highway, aber mehr als drei LKW und ein knappes Dutzend PKW innerhalb einer Stunde sind uns weder entgegengekommen noch hinter uns gefahren. Also alles sehr geruhsam und angenehm.
Als geographisch kleinster State Australiens (knapp 240.000km²) wohnen hier doch immerhin 5,3 Millionen Einwohner. Das bedeutet Australiens zweitgrößte Einwohnerzahl eines States nach NEW SOUTH WALES. Auf unserer Route merken wir von Bevölkerungsdichte allerdings recht wenig. Diese ballt sich hauptsächlich im Zentrum des States in und um MELBOURNE herum.
Uns begleitet vielmehr undurchdringlicher Buschwald, in den kleine, oftmals nicht geteerte Stichstraßen zu den Küstenorten geschlagen wurden. Der Urwald reicht meistens übergangslos bis an die Strände heran. Ein tolles Bild: Hier das tiefe Grün, in der Mitte ein vielfach kleiner goldgelber Strandstreifen und sofort das blaue, unruhige Meer.
Auch VICTORIA rühmt sich eines Ninety Mile Beach in seiner Südostecke. Allerdings besteht die „Beach“ dabei lediglich in einem ununterbrochenen dünnen Strandstreifen zwischen Meer und Urwald.
Das Tierleben zeigt sich dafür umso reichhaltiger. So kommen im Ort Merimbula / Pambula Beach (noch Ostküste) die Kängurus bis an den Strand. Die Tiere, nicht nur hier, scheinen sich an menschliche Besiedlung angepasst zu haben. Viele Kängurugruppen können wir auf Häuser nahen Wiesen, in Gärten und auf Campingplätzen ausmachen.
Dieser Küstenstreifen ist weiterhin geprägt von Lagunen und Inlets, so dass es hier auch häufig Mangrovenwälder gibt. Merimbula bietet in diesem Punkt einen wunderschönen Holzplankenweg durch einen dieser Mangrovenwälder. Ansprechende Wasservogelbeobachtungsmöglichkeiten sind garantiert.
Die nächste Schleife führt uns in das Fischerdorf MALLACOOTA mit seiner ausgedehnten Marschlandschaft und dem weit verzweigten Seensystem. Sich selbst bezeichnet der Ort als DER Mittelpunkt von Australiens urwaldmäßiger Wildnisküste. Natur gibt es überreichlich, Küsten- und Seeuferlinien ebenso, das Besucheraufkommen fällt eher bescheiden aus. Mit dem Croajingolong National Park wacht der Ort jedoch über ein UNESCO zertifiziertes Welt Biosphären Reservat. Der Natur kann der geringe Besucherstrom nur gut tun.
Mit der nächsten Station an der westlichen Grenze des eben genannten Nationalparks, mit dem Ort MARLO erreichen wir bereits die Südküste. Auch hier finden wir einen hübsch anzusehenden, nicht von Touristen überlaufenen Ort vor. Die lokale Attraktion, der Raddampfer PS Curlip, mit dem man den Snowy River hätte flussaufwärts schippern können, hat seinen Saisonbetrieb wohl bereits eingestellt. Etwas näher in Augenschein genommen hat er ihn vermutlich auch gar nicht erst begonnen. Dafür entschädigt das nahe gelegene Cape Conran mit unbeschreiblichem Ausblick und wohltuender Strandwanderung. Anhänger des „Freedom Camping“ finden direkt am Kap einen idyllischen Übernachtungsplatz mitten in der „grünen Hölle“.
Nicht umsonst nennt sich etwas weiter westlich dann ein Ort LAKES ENTRANCE. Er gilt als Eingangstor in das dortige Seenparadies. Wie auch bereits an der Ostküste ist der Landstrich durchsetzt von Inlets mit Meereszugang. Wassersport ist hier natürlich hoch im Kurs. Ohne Boot bist du hier ein „Niemand“, besonders in der Hauptstadt des Boating PAYNESVILLE. Dieser auffallend top gepflegte Ort lockt mit einer weiteren Besonderheit. Auf der 5-Fährminuten vorgelagerten Insel RAYMOND ISLAND können auf dem Koala Track die Vorbilder des Teddybären in ihrer natürlichen, freien Umgebung beobachtet werden. Ein Eukalyptuswald sichert den Tieren Unterkunft und Verpflegung, dem Wanderer die ersehnte Beobachtungsmöglichkeit. Abgesehen von wohlklingendem Vogelgezwitscher und weniger harmonischem Papageiengekrächze herrscht im Wald fast absolute Stille. Die Koalas schlafen meist. Der menschliche Besucher wird bei ihrem Anblick von selbst ruhig. So herrscht Friede ringsumher. Niemand stört den anderen. Hin und wieder lugt dann so ein Schlafbär aber doch neugierig aus seiner Astgabel herunter. Alle gedanklichen Voreinstellungen von „Knuddeligkeit“ werden Gewissheit.
Wo so viel Wildnis herrscht, ist es kein Wunder, dass sich ein National Park an den anderen reiht. Insgesamt hat das kleine VICTORIA 132 solcher Parks unter seiner Obhut. Also besuchen wir nur rund 80km weiter westlich wiederum ein wunderbares Naturschutzgebiet, den Wilsons Promontory National Park. Auf der südlichsten Halbinsel Festland-Australiens gelegen gilt sein südliches Kap auch als südlichster Punkt des Kontinents. Der Park bezeichnet sich als der „populärste Naturpark“ von VICTORIA, verständlich bei dem grün-dichten, bergigen Buschwald mit aktiv sichtbarem Wildlife. Nicht umsonst wird in seinem Herzen der „Wildlife Walk“ ausgewiesen. Von den Hügeln schweift der Blick auf die malerischen und gut besuchten Surfstrände, eingebettet in raue, dicht bewachsene Felslandschaft.
Noch mehr Parks gefällig? Der Weg ist nicht weit, immer Richtung MELBOURNE zu den Philipp Island Nature Parks, womit es dann nur noch rund 100km bis zur Australiens zweitgrößter Metropole wären. Sicherlich hat auf der rund 100km² großen Insel eine starke Bebauung Einzug gehalten, gilt das Eiland doch auch als „Melbournes Ferienvorort“. Doch bleiben die Orte und Siedlungen in einem erträglichen Rahmen und stören nicht den Naturcharakter der Insel.
Zwei Wildlife-Attraktionen stechen besonders hervor, die Penguin Parade und das Koala Conservation Center. Nicht vergessen wollen wir in diesem Zusammenhang auch The Nobbies Center, ein erst im Dezember 2015 eingeweihtes Antarktikzentrum. Am dortigen Südostkap soll die größte Seelöwenkolonie Australiens angesiedelt sein. Doch offensichtlich war an unserem Besuchstag, einem Sonntag, Ausflug angesagt. Denn keines der Tiere lässt sich blicken.
Anders bei den beiden vorher genannten Wildlife Center. Die Penguin Parade findet allabendlich in der Dämmerung, d.h. im Sommer um ca. 21Uhr statt. Von der umfangreichen Pinguinkolonie mit rund 30.000 Zwergpinguinen verlassen in etwa 1.500 Tiere das Meer und suchen ihre Höhlen und „Pinguinhütten“ auf. Das touristisch durchgestylte Naturzentrum stellt für annähernd 500 Besucher strandnahe Beobachtungsplätze mit absolutem Fotografierverbot zur Verfügung. So marschieren die kleinen Tierchen gruppenweise, wenn man will, bis ungefähr Mitternacht oft ganz dicht an einem vorbei auf der Suche nach ihrem Nachtlager. Hin und wieder wagen sich dann auch die fast flüggen Jungen aus den Höhlen und rufen nach den Eltern. Das nächtliche Geschnatter in der Pinguinsiedlung endet erst spät, obwohl mit dem Morgengrauen gegen 6Uhr tagaus tagein die ganze Parade wieder gen Meer strömt.
Das genaue Gegenteil der nachtaktiven Pinguine finden wir im Inselzentrum mit den tag- und nachtfaulen Koalas. Auch hier leben sie, wie bereits über RAYMOND ISLAND geschildert, in ihrer natürlichen Eukalyptuswelt. Im Koala Conservation Center können wir in Baumkronenhöhe auf hölzernen Stegen Aug‘ in Aug‘ an den Schläfern vorbei flanieren. Hin und wieder riskiert ein Koala einen Blick, meistens jedoch lässt man sich nicht stören.
Einen Vertreter dieser Spezies, die übrigens nicht zu den Bären, sondern in die Familie der Wombats gehören, haben wir ob ihrer schläfrigen Lebensweise interviewt. Seine Erläuterungen fallen kurz und logisch aus: „Wir sind nicht faul“, meint er. „Wir sparen nur Energie. Wegen unserer wenig energiereichen Nahrung – ausschließlich Eukalyptusblätter – müssen wir rund 20 Stunden pro Tag schlafen. Für kurze Zeit wachen wir auf, sowohl tagsüber wie auch nächtens. Hauptsächlich zum Fressen und zur Vermehrung. Am aktivsten (!) sind wir häufig bei Sonnenuntergang.“ Das Interview hat den armen Kerl wohl so sehr angestrengt, dass er hinterher sofort wieder in Tiefschlaf verfiel.
Kommen wir zum „süßen Abschluss“ dieses Tourabschnittes. Energie tanken lässt sich gut in Pannys Amazing World of Chocolate. Seit nunmehr gut 10 Jahren versorgt diese mittelständische Fabrik die Welt mit ihren Köstlichkeiten, besonders mit Pralinen und Trüffelpasteten (www.pannys.com.au).
Die angebotene Besichtigungstour führt nicht nur durch Shop und Café, sondern öffnet ernsthaft und spielerisch die Augen für das Produkt „Schokolade“. Besondere Eyecatcher sind dabei der Welt größter Schokoladenwasserfall. Von ihm ergießen sich 400kg geschmolzener Schokolade alle drei Minuten in ein Becken. Ein Porträt von „Dame Edna“ (vgl. K&K 32) besteht in Wandteppichform aus 12.000 verschiedenen Pralinés. Michelangelos 2m hohe Davidstatue aus Schokolade fehlt ebenso wenig. Wer möchte, kann gegen eine geringe Summe seine „eigene Tafel Schokolade“ herstellen. Dazu wählt er aus verschiedenen Schokosorten und Geschmacksrichtungen bzw. Aromen aus. Das Ganze wird maschinell dann vor seinen Augen produziert, verpackt und jeweils aktuell beschriftet. Wer mag da noch die Stunden und Kalorien in dieser „Energie spendenden und munter machenden Attraktion“ zählen.